Wintersonnenwende
- die Geburt des Neuen -
O, du stille Zeit, kommst eh wir´s gedacht ...“
Wenn die Sonne in das Zeichen des Steinbocks wechselt, ist sie da, die längste Nacht des Jahres. Die Wintersonnenwende markiert den Umkehrpunkt im Sonnenjahr, den eigentlichen Jahreswechsel.
Heute begehen viele dieses Fest als Lichterfest, um das wiederkehrende Licht zu begrüßen (auch: das Winterkind, das in der christl. Tradition zum Christkind wurde). Schon in der sogen. „Adventszeit“, die 4 Wochen vor dem Fest, zünden die meisten von uns jede Woche eine Kerze mehr an (Wobei die Tradition des Adventskranzes eine interessante ist: 4 Kerzen, für jede Jahreszeit eine, um noch einmal durchs Jahr zu gehen ist eine schöne, von der ich neulich hörte.) .
Dunkelheit, Stille und Alleinsein zu dieser Zeit macht immer noch vielen Menschen (besonders Frauen) Angst. Das „Dunkelheitsfest“ Samhain (Nacht zum 1. November, bzw. Dunkelmond) hat uns schon mit einer Innenschau, einem Resumée des Jahres und auch mit dem Thema „Tod“ bzw. AhnInnen konfrontiert. Doch erst jetzt ist er da, der dunkelste Moment des Jahres. Manch eine fragt sich sicher, wieviel Innenschau, Besinnlichkeit und Stille sie noch ertragen kann und soll.
„Der Winter ist gekommen, sein Kleid ist rein und neu. Den Schmuck hat er genommen, den Keim bewahrt er treu.“ heißt es in der 2. Strophe eines weniger bekannten Volksliedes.
Die Natur macht es uns vor: alles schläft – scheinbar – viele Tiere halten Winterschlaf, die Bäume ziehen sich zurück und stärken sich mit den Nährstoffen aus dem frisch kompostierten Boden, saugen sich ganz voll Kraft, um sie dann im Frühjahr in frischen Knospen wieder nach außen zu bringen.
Genauso können auch wir die Dunkelheit und Stille nutzen, um wieder zu Kräften zu kommen nach einem erfüllten Jahr, zu neuen Energien. In unserer heutigen Zeit sind viele von uns sehr auf Helligkeit, Licht und Sonne fixiert, so daß wir uns schwerlich Energie in der Dunkelheit vorstellen können. Vielleicht ist es an der Zeit, einmal unseren Kontakt zur Erde zu überprüfen bzw. zu erneuern. Eine gute Erdung ist wichtig, besonders für spirituell arbeitende Menschen. Viele verlieren dabei gerne schon mal den Boden unter den Füßen. Beim Erden hilft uns die Nahrung: Wintergemüse, besonders Wurzeln, Eintöpfe, lang geschmorte oder gebackene Gerichte, Eingemachtes. All dies gibt uns in der kalten Zeit die nötige Kraft. Auch helfen uns Imaginationsübungen wie z.B. „wie ein Baum verwurzelt zu sein und Energie aus dem Boden zu ziehen“.
Ein wesentlicher Aspekt des Festes ist der „Keim des Neuen“ – wie zuvor zitiert – der Keim für die neue Jahresaufgabe, die sich zu Imbolc (2. Februar oder junge Mondsichel) als Vision zeigen wird. Als Tradition hat sich daraus das Orakeln entwickelt (wie z. B. das Bleigießen an Sylvester), um einen ersten Blick auf das Neue zu erhaschen. Doch wie in der Natur braucht auch unser Keim Ruhe und Dunkelheit um zu reifen. Es braucht in dieser Zeit von uns ein „Lassen“, kein „Tun“, zum Reifen, vielleicht die schwierigste Aufgabe in unserer aktionsgewohnten Leistungsgesellschaft.
In keltischer Zeit wurde in diesen Tagen gefastet und es wurden Mistelzweige gegen die zu der Zeit heftige kosmische Strahlung (was wenige wissen: Auch die Zeit der meisten Sternschnuppen) über die Türschwelle gehängt. Ebenso alt ist die Tradition, sich einen immergrünen Zweig ins Haus zu holen, als Symbol für die sich stets erneuernde Natur, besonders waren es Ilex oder Eibe mit roten Beeren. Die Farbe „Rot“, die auch ursprünglich bei den Kerzen überwog, steht für das aufkeimende Licht, auf das so sehnsüchtig gewartet wird.
„Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten.“ – Es gibt keins ohne das andere (wie z. B. im YinYang-Symbol). Nutzt die „stille Zeit“ um Kraft zu schöpfen. Es ist eine fruchtbare Zeit und das Tollste daran ist: Wir brauchen nichts dafür zu tun, alles passiert von ganz alleine!
Andrea Homersen, Frauenpfade