Das Herakraut und die Maienzeit

Trink ich einen Herakrauttee
In der Walpurgisnacht,
und geh dann zu den Beltanefeuern,
ist es als ob der Schoß mir lacht,
um mit der Göttin gen Himmel
zu steuern!

Die Maienzeit und Walpurgisnacht als Ingegriff der Fruchtbarkeit, die Zeit, in der die weiße zur roten Göttin wird und ihrem wilden Treiben ungezügelten Lauf läßt und das satte feucht-warme Maiengrün auf die Erde spuckt, keimt, wächst und blüht es, wo du hinsiehst, wie eine ausgeschüttete Wundertüte. Die Mainacht als Freinacht und in alten Betane-Feiern der heiligen körperlichen Vereinigung der großen Göttin gewidmet, ist eine ganz besondere und sehr magisch-erotisierende Nacht, zu der mir eine ebenfalls ganz besondere Pflanze einfällt, die energetisch sehr gut in die Zeit paßt: das Herakraut oder patriarchal benannt der Mönchspfeffer (= vitex agnus castus), Keuschlamm, Heißkorn, Keuschstrauch oder wilde Pfeffer. [...]

Es ist, als würde sie dazu beitragen, das jedes Jahr oder jeden Zyklus aufs Neue das saftige, fruchtbare Maiengrün auch in den Unterleib Einzug hält. Wie nur wenige andere Pflanzen erhält das Herakraut in ihrem Samen (den Steinbeeren) hormonähnliche Substanzen, die die Gelbkörperhormonausschüttung der Hypophyse beeinflussen. [...]

Das Herakraut verbessert die Feinabstimmung zwischen Hypophyse und Eierstöcken, der Gelbkörper wird zu einer höheren Ausschüttung von Pregesteron angeregt.[...]

Der Same kann als anregender Pfefferersatz verspeist werden und war im Mittelalter eine beliebte Zutat für Lebenskuchen an langen Winterabenden. Die Blätter geräuchert wurden zum Vertreiben wilder Tiere eingesetzt und frisch als Umschlag gegen den Biß giftiger Tiere verwandt.(...)

Das Herakraut, zu der Familie der Eisenkrautgewächse oder Verbenacae gehörig, ist hier nur bedingt winterhart und blüht violett oder weiß. Der Strauch kann bis zu 3 - 5 Meter hoch werden, liebt Wärme, Sonne und Windschutz und ist ansonsten recht anspruchslos. [...] Der Keuschlamm hat eine weitreichende mythologische Geschichte. Er schien sowohl als ein zentrale Bedeutung für die römischen Vestalinnen, den Demeter-Kult, den Heilgott Asklepios (Spätantike) und die Fruchtbarkeitsgöttin Hera gehabt zu haben. Letztere weist die dabei wohl innigste Verbindung zu diesem Strauch auf; heißt es doch, sie sei darunter geboren und die damals im klassischen Hellas weitverbreitete Pflanze sei ihr geweiht. Deshalb scheint mir die Namensgebung "Herakraut", die von mir stammt, nur logische Konsequenz. Die Mythologie um Hera ist zum Teil, nämlich in der herkömmlichen griechischen Mythologie sehr patriarchal besetzt; wird sie dort doch als Göttin der Ehe gehandelt. Ursprünglich ist sie jedoch in der frühen ägäischen Zivilisation anzusiedeln, [...] als Tochter der großen Muttergöttin Rhea nämlich eine mächtige Himmels- und Fruchtbarkeitskönigin, aus deren verspritzter Milch (siehe körperliche Wirkungsweise des Herakrautes auf Milchproduktion) sich die Milchstraße gebildet haben soll [...]. Ihr zu Ehren wurde die Heraia veranstaltet; eine Art ritueller präolympischer Spiele, die von weiblichen Priesterinnen bestritten und später von den einfallenden Griechen unterbunden wurden.

Noch erwähnenswert ist der Hesperidengarten, der als Hochzeitsgeschenk an Hera eine Art Paradiesgarten mit goldenen Äpfelbäumen Fruchtbarkeit und Liebe versinnbildlicht und von den bekannten Nymphen und der Schlangendrachin (für die Trance-Tanz-Frauen aus Lübeck: die mit Schlafmohn gefüttert wurde) bewacht wurde.[...]

sowohl im Herakult, bei den Demeter-Frauen, als auch bei den römischen Vestalinnen weiß frau vom Herakraut zu berichten, daß deren Priesterinnen die Zweige des Strauches trugen, unter ihnen schliefen oder ihre Räume damit ausräucherten. Angeblich um ihre Keuschheit zu garantieren, wobei dann davon ausgegangen wird, daß das Herakraut auf beide Geschlechter sexuell dämpfend wirkt. Dies würde ganz der physiologischen Wirkungsebene bei der Frau widersprechen und dem Christentum ähnlich sehen, das sich nämlich angeblich an die sexuell dämpfende Wirkungsweise des Krautes und dessen Benutzung in den alten Religionen erinnerte (vgl. Rätsch; Heilkräuter der Antike. München 1996, S. 202) und dieses nur für sich zum praktischen Nutzen heranzog. Es ist schon sehr seltsam und für viele Buchautorinnen ebenfalls nicht nachvollziehbar, daß anderseits das Herakraut als ausgesprochenes Aphrodisiakum beschrieben und auch immer mit (feurigem) Pfeffer assoziiert und als dessen Ersatz benutzt wird.[...]

In jedem Fall scheint das Herakraut eine zentrale Rolle in frühen Fruchtbarkeitsrollen eingenommen zu haben, und mit ziemlicher Sicherheit auch bei dem Beltane-Fest. Es wird Zeit, diese Pflanze Frauen wieder nahezubringen.[...]

Tatjana